Eine Einladung für ein Job-Interview kann das erste Erfolgserlebnis Ihrer Neuorientierung darstellen. Diese haben Sie mit der Erkundung Ihrer Bedürfnisse, Begabungen und Wertvorstellungen gestartet. Anschliessend konnten Sie die sechs Dimensionen einer Stelle nutzen, um auf dieser Basis passende Job-Chancen aufzuspüren. Nachdem Sie diese Opportunitäten einem Reality-Check unterzogen hatten, fokussierten Sie auf die aussichtsreichen Positionen und starteten den Bewerbungsprozess.
In diesem Artikel wird beschrieben, wie Sie Ihre Chancen optimieren, damit möglichst viele Ihrer Bewerbungen zu Interview-Einladungen führen. Um zu durchschauen, was den Erfolg von Bewerbungen beeinflusst, ist es wertvoll, das Vorgehen der rekrutierenden Organisation zu kennen und zu verstehen, welche Hürden sie den Bewerbenden auf dem Weg zum Erstgespräch aufstellt. Diese Prozessschritte und Hindernisse sind in den meisten Organisationen ähnlich und können wie folgt aussehen:
Bei der Personalgewinnung arbeiten im Regelfall die Fachabteilung (Linie) und Human Resources (HR) zusammen. Die Linie bestimmt dabei massgeblich die Anforderungen. HR organisiert den Prozess, setzt mit der Fachabteilung das Stelleninserat auf, sorgt für dessen zielgruppengerechte Kommunikation und koordiniert die Bearbeitung der eingehenden Bewerbungsdossiers. Im nächsten Schritt erfolgt häufig durch HR die erste Vorselektion, in der die CVs geprüft und nicht passende Dossiers (C-Bewerbungen) aussortiert werden. Diese Vorselektion wird immer mehr durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt oder sogar autonom von der KI durchgeführt. Anschliessend prüft HR bei den verbliebenen Bewerbungen die ganzen Dossiers und wendet dabei Kriterien an, die im Artikel Reality-Check beschrieben sind. Als Ergebnis dieser Prüfung entsteht eine Longlist, die an die Fachabteilung zur Beurteilung übermittelt wird. Schlussendlich legen HR und die Linie gemeinsam fest, wer zu einem Interview eingeladen wird. Somit ist es für die Bewerbenden entscheidend, HR, die Fachabteilung und auch eine allfällige Künstliche Intelligenz zu überzeugen, um zu einem Interviewtermin zu gelangen.
Aus Sicht der Bewerbenden sind typischerweise die in der nachfolgenden Abbildung 2 dargestellten Schritte erfolgreich zu absolvieren, um eine Intervieweinladung zu erhalten. Die ersten beiden, grau eingefärbten Aktionen wurden bereits in den Artikeln «Gefunden werden» und «Reality Check für den Arbeitsmarkt» beschrieben. Die grün eingefärbten Prozessschritte (1A bis 4) und die dazugehörigen Erfolgsfaktoren werden nachfolgend erläutert.
1A. Informationen zu Firma/ Stelle beschaffen
Es lohnt sich, mit der vertieften Informationsbeschaffung bereits vor Erstellung des Bewerbungsdossiers zu beginnen, und nicht erst vor dem Vorstellungsgespräch. Damit wird die Basis erarbeitet, ein individuell abgefasstes und auf die Position passendes Bewerbungsdossier zu erstellen. Um zu den dafür notwendigen Informationen zu gelangen, sollten insbesondere die folgenden Themen untersucht werden:
Zur Firma:
Zur Position
Als Ergebnisse dieser Recherche erhalten Sie nicht nur eine solide Basis zur Erstellung des Bewerbungsdossiers, sondern auch eine bessere Einschätzung, ob Sie zu Organisation/ Stelle passen und vice versa. Ebenso können Sie sich ein erstes Bild machen, welchen Nutzen Sie der Firma erbringen könnten.
1B. Netzwerk nutzen
Die Vorbereitungen für eine Bewerbung sollten nicht nur Desk-Research, sondern auch Interaktionen mit Ihrem Netzwerk beinhalten. Gut eingesetztes Networking kann Ihnen helfen, eine Chance für ein Vorstellungsgespräch zu erhalten, auch wenn Sie z.B. die Branche wechseln wollen und daher auf den ersten Blick nicht die ideale Besetzung sind.
Am besten starten Sie damit, Kontakte in Ihrem Netzwerk zu finden, die aktuell im Zielunternehmen arbeiten oder gut mit ihm verbunden sind. In der Folge können Sie diese Personen kontaktieren, um zu weiteren Informationen zu gelangen, die sie für die Aufbereitung Ihres Bewerbungsdossiers und die Vorbereitung für ein allfälliges Interview nutzen können.
Zusätzlich können Sie auch versuchen, durch Networking positiv auf die Vorselektion einzuwirken. Im Idealfall bietet Ihnen eine Person aus dem Zielunternehmen an, eine Empfehlung für Sie abzugeben. Damit diese die gewünschte Wirkung erzielt, ist sorgfältig und achtsam vorzugehen und folgendes zu beachten:
Einen Sonderfall stellen Programme mit Bezeichnungen wie «Mitarbeitende werben Mitarbeitende» oder ähnlich dar. Die Rekrutierung via die Belegschaft wird von zahlreichen Unternehmen gefördert, da die Bewerbenden bereits vorgeprüft sind. Mitarbeitende wägen genau ab, Empfehlungen abzugeben, da die Performance der Neueintretenden mit der eigenen Person verknüpft wird. Daher wird dieser Rekrutierungskanal oft auch finanziell unterstützt und gilt zudem als kostengünstiger wie z.B. die Rekrutierung via Personalvermittler oder Headhunter. Somit macht es Sinn, dass Sie Ihr Netzwerk auf eventuell vorhandene Rekrutierungsprogramme ansprechen. Falls diese existieren und Ihr Kontakt diesen Weg auch beschreiten will, wird er den Lead übernehmen und Sie informieren, wie gemäss dem Programm vorzugehen ist.
2. Dossier erstellen
Wenn Sie Ihr Dossier erstellen, nehmen Sie die Sichtweise der rekrutierenden Organisation ein und beachten dabei insbesondere die drei Hürden «Vorselektion», «Prüfung durch HR» und «Prüfung durch Linie», die am Anfang dieses Artikels beschrieben sind. Bei allen Entscheidungen, die Sie zur Gestaltung und zum Inhalt Ihres Dossiers treffen, sollten Sie jene Option wählen, die am besten hilft, diese drei Hürden zu überspringen.
Im Folgenden werden die wichtigsten Elemente eines Bewerbungsdossiers beschrieben und dabei erläutert, welche Punkte zu beachten sind, um die Chancen für eine Intervieweinladung zu maximieren.
2.1 Lebenslauf (CV)
2.2 Motivationsschreiben
2.3 Beilagen
2.4 Gesamtes Dossier
3. Dossier einreichen
Halten Sie beim Einreichen des Dossiers die angegebenen Vorgaben genau ein. Wenn die Einreichung auf einem Bewerbungsportal verlangt wird, muss die Bewerbung auch auf diesem Weg eingereicht werden. Achten Sie auf ein optimales Timing: Wenn Sie durch Ihr Netzwerk oder selbst Kontakte zu den rekrutierenden Personen hatten, sollten Ihre Unterlagen zeitnah (idealerweise innert 24 Stunden nach der Interaktion) bei den Zielpersonen eintreffen. So kann man sich an Sie erinnern und eine mögliche Empfehlung kann ihre optimale Wirkung entfalten.
Achten Sie darauf, dass auch Ihr LinkedIn-Profil aktuell und vollständig ist. Es kommt häufig vor, dass die Rekrutierenden LinkedIn aufrufen und einen Blick auf Ihr Profil und Ihre Aktivitäten und Beiträge werfen.
4. Erreichbar sein und rasch antworten
Nach dem Einreichen des Dossiers ist es wichtig, dass Sie auf den angegebenen Kanälen (E-Mail, LinkedIn, Telefon, Postweg, etc.) gut erreichbar sind und schnell antworten. Falls Sie einen Text für Ihre Sprachbox verwenden, sollte dieser in einen Business-Kontext passen, um bei einem Anruf einen professionellen Eindruck abzugeben. Ihre Möglichkeiten zum Nachfassen sind begrenzt. Es ist empfehlenswert, höchstens einmal nach ca. 2-4 Wochen nachzufragen, ob es schon neues zu Ihrem Dossier gibt. Als A-Kandidat oder A-Kandidatin bekommen Sie in der Regel relativ rasch eine positive Rückmeldung und als «C» oft zeitnah eine Absage. Als «B» befinden Sie sich in der Warteschlange und haben mehr oder weniger keine Handhabe, die Zeit bis zu einem Bescheid zu verkürzen.
Die Bewerbung auf eine Stelle beinhaltet vielfältige Herausforderungen, die Sie entweder allein oder mit Unterstützung angehen können. Sehr gerne stehen wir Ihnen mit unseren Angeboten zur Verfügung. Auf Wunsch helfen wir Ihnen bereits bei der Planung Ihrer Weiterentwicklung oder begleiten Sie bei Ihrer gesamten Neuorientierung. Haben Sie Interesse? Dann freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme.
Dr. Ariel Hugentobler